#Tradwife: Finanzielle Abhängigkeit ist nicht sexy
Kommentar von Yvonne Schmidt
Foto: Yvonne Schmidt, erstellt mit DALL-E
Femininität statt Feminismus – das wird unter dem Trend #Tradwifes auf sozialen Medien gefordert. Dort wird ein Rollenbild vermittelt, das die Frau in die 50er Jahre zurückversetzt. Die Frau soll am Herd stehen, ihrem Mann gehorchen, sich unterwerfen, putzen, gut kochen – und all das noch gerne tun.
Der #Tradwife Trend stammt ursprünglich aus der rechtspopulistischen Szene der USA. Zitate und Bilder werden auf Social Media von Seiten geteilt, die vor allem von streng christlichen Fundamentalist:innen und Amerikaner:innen geführt werden. Und das zeigen die meisten auch ganz offen. Einer der Accounts heißt „Submissive Christian Trad Wife“ - also "unterwürfige, christliche, traditionelle Frau". An anderer Stelle ist die Rede von „biblischer Feminität“.
Fotos: Instagram | Links: solieolie, Mitte: professor.patriarchy, Rechts: trullyzoe
Ich frage mich: Warum eine Zeit glorifizieren, in der Frauen unterdrückt wurden? Die streng gläubige Christin ist wohl die Extremvariante einer #Tradwife. Bei weiterer Recherche finde ich einige Accounts, die auf eine subtilere Art und Weise daran anknüpfen. Die #Stayathomegirlfriends entscheiden sich ebenfalls bewusst für eine „traditionelle“ Frauenrolle. Während der Partner tagsüber arbeitet und so den Lebensunterhalt finanziert, machen sie Frühstück, kümmern sich um den Haushalt oder gehen ins Fitness-Studio.
Dieser Trend macht mich wütend. Tag für Tag kämpfen Frauen weltweit für Gleichberechtigung und Unabhängigkeit, riskieren dafür ihr Leben wie bei Demonstrationen im Iran. Jahrzehntelang hat es gedauert, bis Frauen selbst Autofahren durftenoder die Vergewaltigung in der Ehe endlich als Straftat anerkannt wurde. Noch immer haben es Frauen schwerer, in Führungspositionen zu kommen – nur jede dritte Führungskraft ist weiblich. Noch immer verdienen Frauen weniger als Männer – im Durchschnitt sogar 18 Prozent weniger pro Stunde, wie das Statistische Bundesamt zeigt.
Und was machen die #Tradwifes? Sie sagen: Warum arbeiten, wenn man den Haushalt machen kann? Warum mehr wollen, wenn man doch alles hat?
An Rückschrittlichkeit und Ignoranz ist dieses problematische Weltbild kaum zu übertreffen. Wer Hausfrau sein möchte und die Kinder großziehen will – klar. Aber dieses Rollenbild zu verbreiten, als etwas klassisch weibliches und traditionelles, diskreditiert den jahrzehntelangen Kampf um Gleichberechtigung von Feminist:innen. Weiße Frauen romantisieren Arbeitslosigkeit – und vergessen dabei, dass sie in einer privilegierten, finanziellen Situation sind.
Gleichzeitig existiert eine finanzielle Abhängigkeit vom Partner. Und genau diese Abhängigkeit sorgt dafür, dass Frauen jahrelang unterdrückt und auf dem Arbeitsmarkt nicht fair bezahlt wurden. Außerdem wird so durch ungleiche Machtverhältnisse Gewalt und Unterdrückung in der Partnerschaft ermöglicht.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Frauen so nur als Teil einer Partnerschaft definiert werden. Freundin sein – das ist feminin. Ehefrau – wohl umso mehr. Das Single-Dasein bleibt gänzlich unerwähnt. Es scheint wohl der Traum einer jeden Frau zu sein, den passenden Mann an der Seite zu finden. Als wäre Single-Sein ein Defekt, etwas Unvollständiges.
Finanzielle Unabhängigkeit ist der Weg in die Freiheit – egal ob als Single oder als Partner:in. Und das erreicht man nicht im rosaroten Käfig einer #Tradwife oder eines #Stayathomegirlfriends. Denn als Single-Frau ist die Arbeitslosigkeit plötzlich gar nicht mehr so romantisch. Finanzielle Abhängigkeit ist nicht feminin – und erst recht nicht sexy.
Wer hat diese Seite mit Inhalt gefüllt?
Yvi ist Gründungsmitglied von ZWEINULLVIER und schreibt gerne über Menschen und lokales Geschehen in Leipzig.
#Tradwife: Finanzielle Abhängigkeit ist nicht sexy
Kommentar von Yvonne Schmidt
Foto: Yvonne Schmidt, erstellt mit DALL-E
Femininität statt Feminismus – das wird unter dem Trend #Tradwifes auf sozialen Medien gefordert. Dort wird ein Rollenbild vermittelt, das die Frau in die 50er Jahre zurückversetzt. Die Frau soll am Herd stehen, ihrem Mann gehorchen, sich unterwerfen, putzen, gut kochen – und all das noch gerne tun.
Der #Tradwife Trend stammt ursprünglich aus der rechtspopulistischen Szene der USA. Zitate und Bilder werden auf Social Media von Seiten geteilt, die vor allem von streng christlichen Fundamentalist:innen und Amerikaner:innen geführt werden. Und das zeigen die meisten auch ganz offen. Einer der Accounts heißt „Submissive Christian Trad Wife“ - also "unterwürfige, christliche, traditionelle Frau". An anderer Stelle ist die Rede von „biblischer Feminität“.
Fotos: Instagram | Links: solieolie, Mitte: professor.patriarchy, Rechts: trullyzoe
Ich frage mich: Warum eine Zeit glorifizieren, in der Frauen unterdrückt wurden? Die streng gläubige Christin ist wohl die Extremvariante einer #Tradwife. Bei weiterer Recherche finde ich einige Accounts, die auf eine subtilere Art und Weise daran anknüpfen. Die #Stayathomegirlfriends entscheiden sich ebenfalls bewusst für eine „traditionelle“ Frauenrolle. Während der Partner tagsüber arbeitet und so den Lebensunterhalt finanziert, machen sie Frühstück, kümmern sich um den Haushalt oder gehen ins Fitness-Studio.
Dieser Trend macht mich wütend. Tag für Tag kämpfen Frauen weltweit für Gleichberechtigung und Unabhängigkeit, riskieren dafür ihr Leben wie bei Demonstrationen im Iran. Jahrzehntelang hat es gedauert, bis Frauen selbst Autofahren durftenoder die Vergewaltigung in der Ehe endlich als Straftat anerkannt wurde. Noch immer haben es Frauen schwerer, in Führungspositionen zu kommen – nur jede dritte Führungskraft ist weiblich. Noch immer verdienen Frauen weniger als Männer – im Durchschnitt sogar 18 Prozent weniger pro Stunde, wie das Statistische Bundesamt zeigt.
Und was machen die #Tradwifes? Sie sagen: Warum arbeiten, wenn man den Haushalt machen kann? Warum mehr wollen, wenn man doch alles hat?
An Rückschrittlichkeit und Ignoranz ist dieses problematische Weltbild kaum zu übertreffen. Wer Hausfrau sein möchte und die Kinder großziehen will – klar. Aber dieses Rollenbild zu verbreiten, als etwas klassisch weibliches und traditionelles, diskreditiert den jahrzehntelangen Kampf um Gleichberechtigung von Feminist:innen. Weiße Frauen romantisieren Arbeitslosigkeit – und vergessen dabei, dass sie in einer privilegierten, finanziellen Situation sind.
Gleichzeitig existiert eine finanzielle Abhängigkeit vom Partner. Und genau diese Abhängigkeit sorgt dafür, dass Frauen jahrelang unterdrückt und auf dem Arbeitsmarkt nicht fair bezahlt wurden. Außerdem wird so durch ungleiche Machtverhältnisse Gewalt und Unterdrückung in der Partnerschaft ermöglicht.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Frauen so nur als Teil einer Partnerschaft definiert werden. Freundin sein – das ist feminin. Ehefrau – wohl umso mehr. Das Single-Dasein bleibt gänzlich unerwähnt. Es scheint wohl der Traum einer jeden Frau zu sein, den passenden Mann an der Seite zu finden. Als wäre Single-Sein ein Defekt, etwas Unvollständiges.
Finanzielle Unabhängigkeit ist der Weg in die Freiheit – egal ob als Single oder als Partner:in. Und das erreicht man nicht im rosaroten Käfig einer #Tradwife oder eines #Stayathomegirlfriends. Denn als Single-Frau ist die Arbeitslosigkeit plötzlich gar nicht mehr so romantisch. Finanzielle Abhängigkeit ist nicht feminin – und erst recht nicht sexy.
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Yvi ist Gründungsmitglied von ZWEINULLVIER und schreibt gerne über Menschen und lokales Geschehen in Leipzig.